548
Die englische
Literatur bis
zur Mitte des
18. Jahr-
hunderts.
Obergericht übertragen. Zu der Würde eines Präsidenten ward zuerst
Washington erhoben und blieb es durch wiederholte Wahl bis 1797.
Auch an der Spitze der Verwaltung beförderte er den Wohlstand, den
Frieden und die Befestigung des jungen Staates und vollendete dadurch
sein Werk und seinen Ruhm. Es gelang ihm nicht, von allen Parteien
seines Vaterlandes anerkannt zu werden, besonders wurde er als ein
Anhänger und Begünstiger des englischen Einfluffeß angegriffen, als er
1794 einen Handelsvertrag mit England schloß. Er erklärte im Sep-
tember 1796, daß er die Würde eines Präsidenten bei einer neuen
Wahl nicht wieder annehmen werde. Washington starb 1799. In
seinem Testament vermachte er fünfzig Aktien, jede von hundert Pfund,
zur Errichtung einer Hochschule in dem District Columbia. Auch
schenkte er allen seinen Sklaven die Freiheit und sicherte den hülflosen
Alten eine lebenslängliche Unterstützung zu.
Den religiösen Interessen gegenüber bildeten sich im Laufe unseres
Zeitraums die Reflexion des Verstandes und die Bestrebungen der Wis-
senschaft mit nicht minderer Stärke und Erfolg aus. Die Grundlage
für alle folgenden naturwissenschaftlichen und philosophischen Bestrebun-
gen legte Franz Baco von Verulam (1561 — 1626). Er stammte
aus einer angesehenen Familie und gelangte selbst zu den höchsten
Staatsämtern; er wurde aber wegen Bestechungen seiner Würden ent-
setzt und starb in ärmlichen Verhältnissen. In der Wissenschaft glänzt
sein Name als Heller Stern. Er entwarf den Plan zu einer Reform
der Philosophie und schrieb das Organon oder eine allgemeine Metho-
denlehce und eine Encyklopädie der Wissenschaften. Seiner Methode
liegt die Ueberzeugung zum Grunde, daß man nicht durch Speculation,
sondern allein durch Beobachtung und Erfahrung zur Wahrheit gelan-
gen könne. Der scholastischen Methode oder der Ableitung des Wissens
aus dem Begriff, d. h. aus unerwiesenen Abstractionen, setzte er die
Forderung entgegen, von der Wirklichkeit und der Erfahrung auszuge-
hen. Von den übersinnlichen Gegenständen wies er die Forschung auf
die Natur und Geschichte hin.
Baco's Gedanken führte auf eigenthümliche Weise John Locke
(1632 —1704) weiter aus. Wenn Baco zur Erforschung der Wahrheit
auf das sinnliche Dasein verwies, so leugnete Locke die selbständige
Existenz und Wahrheit des Denkens überhaupt. Er bestritt die Lehre des
Cartesius von den angebornen Ideen, unter welchen dieser allgemeine,
dem menschlichen Geiste ungehörige Bestimmungen verstanden hatte.
Locke behauptete, daß die Seele deß Kindes eine leere Tafel sei, welche
nur im Verlaufe der Zeit mit den Zeichen angefüllt und durch die
sinnliche Wahrnehmung beschrieben werde. Sein Bestreben ging dahin,
zu zeigen, wie auch die metaphysischen Begriffe aus der Erfahrung ab-
geleitet und aufgenommen werden, z. B. Raum, Bewegung, Form aus
der äußern, Denken, Wollen u. s. w. aus der innern Wahrnehmung.
Der Verstand bildet alle diese Begriffe, indem er die durch die Wahr-
nehmungen gewonnenen Vorstellungen bearbeitet, zusammenfügt, ver-
gleicht und gegen einander stellt.
Isaak Newton (1642 — 1727) hat sich um die Mathematik und
Physik die größten Verdienste erworben. Seine berühmte Theorie des
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Franz_Baco Franz John_Locke Locke Isaak_Newton Isaak
667
aufstecken. La Fayette rückte mit einigen Bataillons Nationalgarde gegen
die Ausrührer heran und zersteute sie mit wenigen Schüffen.
Die Nationalversammlung benutzte den Sieg nicht dazu, die An-
stifter des Aufruhrs zu verfolgen und die Klubs der Jakobiner und
Cordelierß zu vernichten, sondern setzte ohne weitere Störung die Ver-
fassungsarbeit fort. Am 3. September 1791 wurde die Verfas-
sung in der Nationalversammlung als vollendet verlesen.
Sie war ein Versuch, die menschlichen Verhältniffe lediglich aus mate-
riellem Stoffe nach den Gesetzen des rechnenden Verstandes ganz neu zu
erschaffen, ohne die geschichtliche Entwickelung, die Sitte und den Na-
tionalgeist einer Rücksicht zu würdigen und ohne die kirchliche Gesetz-
gebung, auch nur bei Taufe und Ehe, als eine nothwendige Ergänzung
staatsbürgerlicher Handlungen gelten zu lassen. Gefährlich war die Vor-
stellung einer unbedingten Gleichheit, welche der Verfassung zu Grunde
lag. Dem aufgestellten Satze, daß alle Menschen frei und gleich an
Rechten geboren werden und bleiben, widersprach die Eintheilung in
thätige und nicht thätige Staatsbürger. Nur diejenigen, welche eine,
den Werth dreier Tagelöhne erreichende Abgabe bezahlten, sollten zur
Theilnahme an den Wahlen berechtigt, und fähig sein, zu Abgeordneten
erwählt zu werden. Mit dem ausgestellten Rechte deß Widerstandes ge-
gen Unterdrückung stand das Gesetz im Widerspruch, daß jeder Bürger
durch Widerstand gegen einen Verhaftsbefehl straffällig werde. Verderb-
lich war das widersinnige Verhältniß, in welches die gesetzgebende und
die vollziehende Gewalt, oder die Nationalversammlung und der König,
zu einander gestellt waren. Die erstere hatte sich alle Macht zugeeignet;
der König war nur der Beamte der Versammlung, deren Gesetze an die
Behörden zu schicken und sonst bekannt zu machen, sein Hauptgeschäft war.
Die Mängel der Verfassung würden weniger hervorgetreten sein,
wenn die Stifter derselben nicht genöthigt gewesen wären, ihr Amt ro-
heren und ungeschickteren Nachfolgern zu überlassen. Die Vollendung
der Verfassung wurde als der Zeitpunkt angesehen, wo die Vollmachten
der Abgeordneten erlöschen würden. Die öffentliche Meinung, die der
Versammlung zur Stütze ihrer Macht diente, legte ihr auch die Noth-
wendigkeit auf, sich an dem angegebenen Zeitpunkt aufzulösen. Die Ge-
fahr dieses Wechsels würde vermindert worden sein, wenn wenigstens ein
Theil der bisherigen Abgeordneten durch abermalige Erwählung in die
neue Versammlring übergegangen wäre. Aber die Jakobiner verlangten
eine ganz neue Versammlung und machten den Vorschlag, daß keinß der
gegenwärtigen Mitglieder an der nächsten Sitzung Theil nehmen solle.
Diesen Antrag vertheidigte Robespierre mit einem Feuer der Ueber-
zeugung, welches seiner mittelmäßigen Beredtsamkeit zum ersten Male
einen mächtigen Eindruck verschaffte. Mit den Freiheitsmännern der lin-
ken Seite vereinigten sich die aus der rechten Seite sitzenden Freunde
der unumschränkten Königsgewalt, weil sie h.offten. daß die alte Ordnung
der Dinge unter den Trümmern der Verfassung wieder erstehen werde.
Der Beschluß wurde im wildesten Getümmel gefaßt.
Am 14. September 1791 erschien Ludwig in der Versammlung und
bekräftigte durch einen feierlichen Eid die Annahme der Verfaffung. Am
30. September 1791 erfolgte durch den König die Auflösung der
Annahme der
Verfaffung.
Auflösung der
conflituiren-
den Ver-
sammlung.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
720
Neue Ver-
fassung. Auf-
lösung des
Convents.
publikaner und wurden fast alle erschossen. Auch Charette und
Stafflet, die Hauptanführer der Vendeer, wurden gefangen genommen
und erschossen.
Während dieser Zeit wurde die neue Verfassung vollendet.
Fünf Direktoren mit vollziehender Gewalt wurden an die Spitze deß
Staates gestellt. Einer der Direktoren sollte jährlich außtreten und erst
nach fünf Jahren wieder erwählt werden können. Die gesetzgebende Ge-
walt wurde zwei Kammern übertragen, dem Rathe der Fünfhun-
dert, zur Einleitung und Abfassung der Gesetze, und dem Rathe der
Alten von 250, über 40 Jahre alten Deputirten, zur Bestätigung der
Gesetze. Zum Eintritt in den Rath der Fünfhundert war nur ein Alter
von 30 Jahren erforderlich. Die beiden Räthe sollten alle Jahre zum
dritten Theile erneuert werden. Das Volk wählte in Urversammlungen
die Wähler, die dann in Wahlversammlungen die Mitglieder der die
Nation vertretenden Versammlungen erkoren.
Die Mitglieder des Convents suchten sich den Wiedereintritt in die
beiden Kammern zu sichern. Aus diesem Grunde erließen sie die Verfügung,
daß zwei Drittheile der beiden Räthe aus dem Convent genommen und
nur ein Drittheil durch Urversammlungen gewählt werden solle. Nachträg-
lich wurde noch verordnet, daß, wenn bei dem neu zu wählenden
Drittheil die Wahlen mehrerer Collegien auf dieselben Männer fallen wür-
den, die entstehenden Lücken durch eine vom Convent selbst aus seiner
Mitte gemachte Wahl ergänzt werden sollten. Ueber diesen Zusatzartikel
gerieth Paris in Gährung. Die Sectionen der Bürgerschaft riefen das
Wahlcollegium des Seinebezirks im französischen Theater zusammen und
umgaben dasselbe mit bewaffneter Macht; der Convent aber bildete zum
Schutze gegen die Nationalgarde eine Conventsgarde von 8000 Mann,
deren Oberbefehl an Barras und von diesem wiederum dem damals
ohne Anstellung in Paris sich aufhaltenden Napoleon Bonaparte
übergeben wurde. Dieser übernahm bereitwillig den Auftrag, das Lum-
pengesindel gegen die rechtlichen Bürger zu führen. Durch sachkundige
Anwendung von Kartätschenfeuer errang Napoleon dem Convente
den Sieg. Am 26. Oktober 1795 schloß der Convent seine Sitzun-
gen, und am 28. Oktober versammelten sich zum ersten Male die gesetz-
gebenden Räthe. Sie schritten bald zur Wahl der fünf Direktoren.
Die Wahl traf auf Barras, Letourneur, La-Reveillere-Le-
peaux, Reubel und Carnot.
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Kartätschenfeuer Napoleon
730
Stiftung Gleichzeitig mit dem Papstthum ward auch die Eidgenossen-
emer^clveti- bet Schweizer zertrümmert. In den Freistaaten der Schweiz
Republik, hatten sich mancherlei Verfaffungsformen gebildet, die alle einander darin
ähnlich waren, daß die obrigkeitliche Gewalt nicht der lasse aller ein-
zelnen Bewohner zustand, sondern nur einer bald größeren, bald gerin-
geren Zahl von erblich angesessenen Bürgern. Selbst die kleineren Kan-
tone, die für wahre Demokratien galten, weil alle ins Bürgerrecht auf-
genommene Haukväter zur Landsgemeinde gerufen wurden, hatten doch
auch Schutzverwandte und Dienstleute, die das Bürgerrecht nicht besaßen,
sowie unterthänige Ortschaften und Landvogteien, über welche die Ge-
meinde Herrschaftsrechte ausübte. In den größeren Kantonen gemischter
oder ganz aristokratischer Verfassung trat die oligarchische Richtung noch
mehr hervor. In Bern, dem größten der verbündeten Kantone, waren
die sämmtlichen Einwohner deß Landgebietes Unterthanen der Haupt-
stadt, aber unter den Bürgern der letzteren hatten nur etwa drittehalb
hundert Familien das Recht, in den Rath erwählt werden zu können;
die Zahl derer aber, auf welche sich die Wahl zu beschränken pflegte,
belief sich 1785 auf neun und sechzig Familien. Das Stadtadelsregi-
ment bot manche schöne Seiten dar, und die väterliche Regierung der
gnädigen Herrn von Bern konnte für musterhaft gelten. Doch machten
sich auch manche Gebrechen bemerkbar, wie in der regimentßfähigen
Bürgerschaft ein dein Adelstölze ähnlicher Dünkel und dagegen in den
von der Regierung ausgeschlossenen Klassen ein Geist der Unzufriedenheit
und des Mißmuths, der in dem bestehenden Verhältnisse der Regierenden
und der Regierten die entschiedenste Ungerechtigkeit sah. Am ungünstig-
sten war die Stimmung in dem wälschen Theile des becner Gebiets, in
der 1536 dem Herzoge von Savoien entrissenen Landschaft Waat. Die
Bewohner, den Franzosen durch Sprache und Denkweise verwandt, be-
gannen zu Anfange der Revolution ihre Ausschließung vom Staats-
regiment als einen Zustand arger Unterdrückung zu betrachten, und wur-
den revolutionären Entwürfen und Grundsätzen geneigt. Die Patrioten
des Waatlandes richteten Vorstellungen an den Senat zu Bern und
baten, der Provinz die Rechte zu gewähren, die ihr bei dem Regierungs-
wechsel zugesichert worden waren. Die Weigerung veranlaßte Unruhen,
in deren Folge mehrere der Bittsteller auswanderten und über einige die
Acht ausgesprochen ward. Ausgewanderte Waatländer wandten sich an
daß Direktorium, und dieses nahm das Hülfegesuch freundlich auf. So-
bald ein kleines französisches Heer an der Grenze erschien, stand das
Waatland auf und sagte sich von dem Rathe zu Bern los. Der regie-
rende Rath wurde durch Furcht gelähmt und meinte durch Unterhand-
lungen das Vaterland retten zu können. Der Anführer der bernischen
im Waatlande stehenden Kriegsmacht, Oberst Weiß, wurde auf ein un-
bedingt friedliches Verhalten angewiesen. Ebenso herrschte Unentschlos-
senheit auf der Tagsatzung, welche nach Aarau ausgeschrieben war, um
über die von der Gesammtheit zu stellende Hülfe zu rathschlagen. Zu
dem Mangel kräftiger Einheit, der den erschlafften Bund der Eidgenos-
sen 'zum Widerstande gegen einen auswärtigen Feind ungeschickt machte,
kam noch die in den Kantonen herrschende politische Gehrung, die von
dem französischen Geschäftsträger zu Basel, Mengaud, durch alle
Künste des Jakobinismus genährt wurde. Ueberall gab es Schweizer,
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten]]
Extrahierte Personennamen: Mengaud
Extrahierte Ortsnamen: Schweiz
Republik Bern Bern Basel
748
Napoleon
Bonaparre
errichtet das
Kaiserthum.
England höchst nachtheilige Neutralität Spaniens in offenen Kriegsstand
zu verwandeln.
Die Macht Bonaparte'ß war eine monarchische, und es fehlte ihr
nur der Titel. Im März 1804 wurde im Senat die Erblichkeit der
höchsten Magistratur für nöthig erachtet, und am 30. April im Tribunal
der Antrag gestellt, die Regierung der Republik einem Kaiser anzuver-
trauen und dieses Kaiserthum in der Familie Bonaparte erblich zu inacheil.
Nur einer der Tribunen, nämlich Car not, sprach gegen die Errichtung
des Kaiserthums. Am 18. Mai wurde unter dem Vorsitze des zweiten
Consuls Cambacereß ein S e n a ruße o n su l t beschlossen, welches dem
ersten Con sul den Kaiser titel zuerkannte und die Erblichkeit
der kaiserlichen Würde in dessen Familie feststellte. Am 20. Mai,
am Pfingstsonntage, wurde das neue Kaiserthnm in Paris feierlich aus-
gerufen und angebliche Verbesseruilgen der Staatsverfassung bekannt ge-
macht, welche nur Verstärkungen der schon bestehenden souveränen Mo-
narchie waren. Von der Republik blieben nur einige gehaltlose Formen
übrig. Die Prunkformen des neuen Kaiserthums waren zum
Theil dem Mittelalter entlehnt. Es wurden sechs Erzämter mit fürst-
lichen Ehren und drei Klassen von Kronbeamten des Reichs er-
nannt, unter welchen die militärischen mit sechzehn Marschällen und acht
General-Jnspectoren der Armee zuerst ins Dasein traten. Die zu fran-
zösischen Prinzen erhobeneil Brüder Napoleons Joseph und Ludlvig
erhielten das Recht der Erbfolge und den Titel: Kaiserliche Hoheit. Den
beiben anderen Brüdern, Sudan und Hieronymus, wurde nicht
gleiche Ehre zuertheilt, weil sie sich unter ihrem Stailde oder wenigstens
gegen den Willen Napoleons verheirathet hatten. Ein zahlreicher
Hofstaat wurde für den Kaiser, die Kaiserin, die Brüder und Schwe-
stern des Kaisers angestellt, und das Ceremoniel aus das sorgfältigste be-
stimmt. Die Generale und die Staatsbeamten drängten sich zum Hul-
digungseide, die Dichter und Redner priesen in Versen und in Prosa
das neue Kaiserthum, die Armee freute sich des ihrem siegreichsten An-
führer beizulegenden neueil Titels: Kaiserliche Majestät, und das Volk
ließ sich das neue Schauspiel gefallen; nur die Pariser zeigten ungewöhn-
liche Gleichgültigkeit.
Das französische Volk hat vor allen Nationen Europa's für sein
geschichtliches Dasein den meisten Siml. Die vorübergehende revolutio-
näre Wuth der Franzosen gegen Alterthum, Adel und Königthum be
zeugt nur die grenzeillose Erbitterung der Zurückgesetzten und feen großen
Werth, welchen sie auf die beneideten Vorzüge legten. Wegen dieser
nationalen Denkungsart wurde den Söhnen und Töchtern des corsischen
Gerichtsbeisitzers Carlo Buonaparte die Begründung einer neuen Dyna-
stie in Frankreich schwerer, als in Staaten, die an den Wechsel der
herrschenden Familien schon gewöhnt sind. Die Familie Napoleons hatte
keine Wurzel in der Vergangenheit des französischen Volkes, und Napo-
leon suchte diesen Mangel durch eine Menge kleinlicher Vorschriften zu
verdecken, durch die. im neuen Hof- und Staatswesen alles genau be-
stimmt wurde. Der alte Adel, der sich zu den Hofämtern drängte, war
dem Kaiser für diesen Zweck sehr willkommen, weil er sich weit besser
als alle Neulinge auf die Wissenschaft der Formen verstand. Es wurde
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Joseph Napoleons Carlo_Buonaparte Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: England Spaniens Cambacereß Paris Frankreich
47
mit religiösen Gebräuchen verbunden, und auch der Fürst erscheint
hierbei thätig. Wenn die heiligen Rosse angeschirrt wurden,- um
durch ihr Wiehern den Willen der Götter kundzuthun, dann be-
gleitete sie der Vorsteher des Volkes, mochte es ein König ober
gewählter Fürst sein. Aber neben dem König oder Fürsten wird
auch der Priester genannt. Auch im Heere und in der Volksver-
sammlung sind die Priester thätig. Man hat daraus auf eine alte
Verbindung von Obrigkeit und Priesterthum schließen wollen; doch
findet sich davon keine Spur. Ueberall ist die Stellung der Prie-
ster von der der weltlichen Obrigkeit völlig verschieden.
Die Fürsten genossen hohe Ehre und bedeutende Achtung unter
dem Volke. Es war keine unbeschränkte Gewalt, die in ihre Hände
gelegt wurde; doch Gehorsam, Achtung und Ehrfurcht vor dem
Vorsteher des Staates ist mit der Freiheit nicht unverträglich. Den
besten, tüchtigsten wählen die guten, tapfern Männer zum Fürsten,
und ihm ordnen sie sich freiwillig unter. Sein Recht war es, Ge-
schenke von dem Volke zu empfangen, dem er vorstand; auf den
großen Versammlungen erschien jeder und brachte dem Fürsten Früchte
des Landes, Vieh oder andere Gaben. Das war der Lohn für das
Amt, und es mehrte seinen Reichthum. Von anderen Ehren, die
der Fürst genoß, wird aus so früher Zeit wenig überliefert. Ta-
citus erwähnt noch den Haarschmuck, der die Fürsten bei den Sue-
ven auszeichnete.
Es waren nun aber nicht bloß Obrigkeiten für den Frieden,
sondern auch Anführer für den Krieg nöthig. Bei den Sachsen
loosten die Fürsten, wenn ein Krieg drohte, und alle folgten dem
als ihrem Führer und gehorchten ihm, welchen das Loos bestimmte.
Nach Beendigung des Krieges waren alle Fürsten wieder einander
gleich. Tacitus sagt: Heerführer (Herzöge, duces) wählen sie
nach Tüchtigkeit, die Könige nach dem vornehmen Geschlecht. Bei
den Sachsen wurde der Herzog aus der Mitte der Fürsten gewählt,
und es ist wahrscheinlich, daß dieses Regel war, so daß der Herzog
zugleich als Fürst angesehen werden kann. Es war alte Sitte, daß
der gewählte Herzog von dem Volke auf den Schild gehoben und
so von allen jubelnd begrüßt wurde. Auch auf die Könige ist die
Sitte übergegangen und hat sich bei verschiedenen Stämmen lange
erhalten. Wenn nun auch bei den größeren Völkerschaften, die aus
mehreren Gauen bestanden, in der Person des Herzogs ein höchster
Anführer gewählt wurde, so dürfen wir doch bei den Fürsten nicht
bloß an eine Eivilgewalt denken. Wie später der Graf im fränki-
schen Reiche zugleich Heer und Gericht leitete, obrigkeitliche Gewalt
jeder Art im Frieden ausübte und im Kriege als ein mächtiger
Beamter dastand, so wird es ähnlich in älteren Zeiten auch mit
den Fürsten der Fall gewesen sein. Der Fürst war auch im Kriege
der Anführer seines Bezirks.
Das Ansehn und die Ehre des Fürsten vermehrte das Ge-
folge, das ihn umgab. Tapfere Männer aus dem Volke schlossen
sich dem Fürsten an; sie mußten stark, ihr Muth erprobt sein; jün-
gere wurden nur aufgenommen, wenn erlauchte Herkunft oder Ver-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
318
ausüben zu lassen, nur so, daß derselbe vom Könige die Belehnung
mit dem Blutbanne nachsuchen mußte. Auf dieser Grundlage wur-
den die Verfassungen der einzelnen Städte weiter ausgebildet, in-
dem neben dem bischöflichen Vogt (S. 167) auch noch andere bi-
schöfliche Beamte, Schultheiße, Burggrafen, Stadtvögte,
Stiftsvögte und andere erwählt wurden. Diese Aemter wur-
den in manchen Städten ritterlichen Geschlechtern zu Lehn gegeben.
Andere bischöfliche Beamten waren der Zöllner, der auch die Maße
und Gewichte zu zeichnen, und der Münzmeister, der auch über
falsche Münze zu richten hatte. Mit diesen Aemtern waren man-
cherlei Gebühren, Einkünfte und Lasten verbunden.
Nach der alten Verfassung mußten die Freien dreimal jährlich
das ungebotene Gauthing (S. 44 und 194) besuchen. Dieses dauerte
für die Freien der Stadt fort; nur wurden diese Versammlun-
gen jetzt statt vom Grafen vom Vogt oder vom Burggrafen gehal-
ten. Unter den Freien bildeten die Schöffenbaren (S. 194) ei-
nen engeren Kreis, welcher durch die Behauptung der ihm überlie-
ferten Rechte allmälig die Gestalt der ersten und ältesten Gilde an-
nahm. Sie halte ihre Vorsteher (Rectoren), ihre Versammlungen
und bildete eine Fraternität oder Verbrüderung. Ferner hatte sich
überall in den Städten als Bestandtheil der Gerichtsverfassung die
Schöffeneinrichtung erhalten. Als vereidete Vertreter der Gemeinde
erhoben sie sich aber auch zu einem Rathscollegium für städtische
Angelegenheiteu und wurden davon zuweilen Senatoren genannt.
Zur Handhabung der dem Bischöfe über Markt, Handel und Ge-
werbe zustehenden Aufsicht wurden die verschiedenen Gewerbe,
Sattler, Kürschner, Handschuhmacher, Schmiede, Müller, Kiefer,
Schwertfeger, Höcker, Weinwirthe und andere abgetheilt und jede
Abtheilung unter einen Magister gestellt. Diese Gewerbe, die Kauf-
leute und die übrigen Einwohner hatten dem Bischof zu einem
Kriegszug, zum Besuch des königlichen Hoflagers, zum Unterhalt
des bischöflichen Palastes und zu anderen Zwecken mancherlei genau
bestimmte Abgaben, Lieferungen und Dienste zu entrichten. Neben
den gemeinen Freien lebten in der Stadt die freien und unfreien
Grund holden des Stiftes und andrer geistlichen Anstalten und
waren noch den besonderen grundherrlichen Lasten, dem Sterbefall
und anderen Beschränkungen unterworfen. Durch kaiserliche Privi-
legien wurden aber die Städte häufig von diesen Beschränkungen
befreit und ihre Einwohner dadurch zu einer mehr gleichartigen
Masse gemacht.
Die Regierung durch herrschaftliche Beamte, etwa nur mit
Vertretung durch Schöffen, befriedigte aber die aufstrebenden Bür-
gerschaften auf die Dauer nicht. Es entstanden in den Städten zur
Wahrung der gemeinschaftlichen Interessen enge Verbrüderun-
gen. Die Bürger benutzten günstige Umstände, um aus der Bür-
gerschaft ein Collegium von Nathmannen (consules) einzu-
setzen und demselben bestimmte Vollmachten für die Verwaltung der
städtischen Angelegenheiten beizulegen. In Köln erlangten die Bür-
ger schon das Recht, neben den Schöffen noch andere Männer in
den Rath zu wählen. Aehnliches geschah später in anderen Städ-
ten. Eine wichtige Gilde entstand aus den Münzern oder Haus-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt]]
durch Entwickelung der Standesverhältnisse die Einrichtung einer
republikanischen Verfassung veranlaßt.
Die ritterlichen Lehnsleute wurde» im 10. Jahrhundert ins-
gesammt als Milites bezeichnet, die nicht lehntragenden Freien
als Arimannen, Cives, Populus. Doch bedeuteten Cives im
weiteren Sinne auch die freien Bewohner einer Civitas überhaupt.
Und in diesem Sinne gehörten zu den Civcs auch die Milites und
bildeten den ersten Stand derselben. Man unterschied ferner zwei
Klassen der Milites als Valvassores majores oder Capitanei und
Valvassores minores, die auch schlechtweg Valvassores hießen.
Beide Klassen des Ritterstandes werden im 11. Jahrhundert als
Adel bezeichnet, welchem das Volk gegenüber gestellt wird. Im
Volke entwickelte sich dann noch ein Unterschied, indem die Kauf-
leute als angesehenere Bürger unterschieden wurden.
Durch die beständigen Parteikampfe und die kirchlichen Strei-
tigkeiten traten die Standesunterschiede zurück, indem Leute der ver-
schiedenen Stände auf beiden Parteien und gegen einander standen.
Die verschiedenen Stände erkannten ihre Rechte gegenseitig an, die
Stände näherten sich einander und die Parteistellung der Stände
hörte auf. Die Parteikämpfe hatten aber auch weiter den Erfolg,
daß die Regierung von den Bischöfen und deren Capitanen an die
mächtigen Parteiführer überging. So war z. B. in Mailand die
Regierung von den Grafen an den Erzbischof und dessen Capitane
übergegangen und von diesen gelangte sie nach langen Parteikämpfen
an die Consuln. Die Cvnsuln sind eine neue Würde, deren Ur-
sprung und Bedeutung mit dem Entstehen der Stadtgemeinde aus der
Vereinigung der Stände zusammenhängt. Die Schöffen waren
Vertreter der Gemeinde der Freien gewesen und hatten für die
Freien im Gericht des Grafen das Recht gefunden. Der Unterschied
der Freiheit und Unfreiheit war immer mehr zurückgetreten, Be-
rufsstände hatten sich gebildet, in welchen sich freie und minderfreie
Standesgenossen aneinander schlossen. Die Consuln vertraten die
besonderen Stände, während die Schöffen die Freien vertreten hat-
ten. Das Schöffenthum wurde ebenso durch die Vorsteher der be-
sonderen Stände bei Seite geschoben wie das Amt der Grafen durch
die Obrigkeit, welche die Consuln in ihrer Vereinigung ausmach-
ten. Häupter und Anführer hatten die Stände schon lange; doch
kam gegen das Ende des Ii. Jahrhunderts die Neuerung hinzu
(und das bezeichnete eben der Name der Consuln), daß jene nun
auch zu einer gemeinschaftlichen Regierung zusammentraten. Und
hiermit entstand zugleich die Gesammtgemeinde der Stadt, das so-
genannte Commune Civitatis, welches zuerst nur wie eine äußer-
liche, vertragsmäßige Verbindung der Stände erscheint, dann aber
ein lebendiges Gemeinwesen aus sich herausbildete.
Bei der Ungleichheit des Ansehens und der Macht unter den
Ständen, bei dem Uebergewicht, welches der kriegerische Adel, be-
sonders die mächtigen Capitane noch lange Zeit behaupteten, ist
wohl eine ganz gleiche Theilnahme der Stände an der städtischen
Regierung von vornherein nicht anzunehmen. Aber allmälig ge-
wöhnte man sich daran, in dem Streben für die allgemeine Wohl-
fahrt der Stadt, sich gegenseitig als Mitbürger zu betrachten und
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340
Gründung
der
Normannen-
herrschast
in
Unteritalien.
Zustimmung sie keine wichtige Verfügung treffen durften. — Die
Bürgerversammlung Qparlamentum) bestand nut aus den wirk-
lichen Mitgliedern der Gemeinde und wurde nur bei den wich-
tigsten Angelegenheiten von den Consuln berufen, um die öffentliche
Meinung zu vernehmen. Die Consuln und der Rath waren die
bevollmächtigte Obrigkeit, die von der Bürgerschaft gewählt und
zur Rechenschaft gezogen, aber nicht in ängstlicher Abhängigkeit ge-
halten wurde. Die Einteilung der Bürgerschaft beruhte nicht mehr
auf den früheren ständischen Genossenschaften, sondern, dem Prin-
cip der bürgerlichen Gleichheit gemäß, auf dem Wohnort in den
verschiedenen Bezirken der Stadt, welche man gewöhnlich nach den
Hauptthoren oder Hauptkirchen in denselben benannte. — Noch in
dem Zeitraum bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts erfolgte die Er-
nennung besonderer Gerichtsconsuln, welche mit den Consuln
des Commune an der Leitung des Staates Theil nahmen, für sich
allein aber die Civilgerichtsbarkeit besorgten. — Endlich ist auch
noch der statutarischen Gesetzgebung zu gedenken. Es ent-
standen daraus die verschiedenen Stadtrechle. Aus den in jedem
Orte vorzugsweise geltenden persönlichen Rechten hatte sich ein Ge-
wohnheitsrecht gebildet, welches durch Statuten gesetzlich gemacht
wurde. Neben diesen Stadtrechten behaupteten sich auch noch, we-
nigstens zur Aushülfe, das longobardische und das römische Recht,
und das steigende Ansehen des letzteren verschaffte ihm später die
Geltung eines gemeinen Rechts.
Unteritalien war noch immer eine griechische Provinz; doch be-
stand auch noch eine Anzahl longobardischer Fürstentümer, z. B.
Benevent und Capua, welche entweder gar nicht oder nur vorüber-
gehend die Oberhoheit des griechischen Kaisers anerkannten; auch
hatten sich die Araber, welche bereits Herrn von Sicilien waren,
im Lande festgesetzt, und endlich erhoben auch die deutschen Kaiser
Ansprüche auf Oberherrschaft. Ein angesehener Longobarde aus
Apulien, Melus, welcher sich gegen den griechischen Statthalter
empört hatte, soll eine Schaar der in Frankreich angesiedelten Nor-
m annen, welche eine Wallfahrt nach einem berühmten Gnadenorte
auf dem Berge Gargano unternommen hatten, zu seinem Beistände
gewonnen haben (1016). Diese zogen bald andere ihrer Landsleute
nach Italien. Die Normannen dienten zuerst als Söldner gegen
die Griechen, dachten aber bald an eigene Niederlassungen. Sie
erhielten von dem Herzoge von Neapel ein kleines Gebiet, auf dem
sie Aversa erbauten. Sie erkannten die Oberhoheit des deutschen
Kaisers Heinrich's H. und später auch Konrad's Ii. an und der
letztere ertheilte ihrem Anführer Rainulf den Titel eines Grafen
von Aversa (S. 277 und 284).
Es kamen immer mehr Normannen aus der Normandie nach
Italien, und besonders zeichneten sich die Söhne des Grafen Tan-
cred von Hauteville aus. Als die Griechen die Normannen,
welche ihnen auf einem Zuge nach Sicilien Beistand geleistet hat-
ten, um ihren Antheil an der Beute betrogen, durchzogen die Nor-
mannen plündernd das Land und legten 1040 in der Stadt Melfi
einen eigenen Raubstaat an, nachdem sie sich mit ihren Landsleuten
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Mitgliedschaft auf eine bestimmte Zahl vornehmer Familien (No-
bili) beschränkt, deren Namen in dem goldenen Buch verzeich-
net waren. Eine unterdrückte Verschwörung gab Veranlassung eine
Commission von zehn Männern mit dictatorischer Vollmacht nieder-
zusetzen, um zu erforschen, wer sich in die Verschwörung eingelas-
sen habe. Dieser furchtbare Rath der Zehn wurde 1335 für eine
bleibende Staatsbehörde erklärt, die über die Sicherheit der Re-
publik wachen solle. Unter dem Vorwand, für die Ruhe des Staa-
tes zu sorgen, mischten sich die Zehn in alle Angelegenheiten. Der
Schrecken vor dieser furchtbaren Behörde wurde noch durch den der
weit schrecklicheren Staatsinqnisition übertroffen. Da nämlich
die Zehn ihren Wirkungskreis über alle Angelegenheiten des Staa-
tes ausgedehnt hatten, so sahen sie sich genöthigt, einen Ausschuß
aus ihrer Mitte mit der Aufspürung und vorläufigen Untersuchung
von Verbrechen zu beauftragen und bewirkten 1454 den Beschluß
des großen Rathes, daß sie ermächtigt sein sollten, dreien ihrer
Mitglieder unter dem Namen der Staatsinquisitoren die Ausübung
der hemmenden Gerechtigkeit mit unumschränkter Gewalt zu über-
tragen. Die Gerichtsbarkeit der Staatsinquisitoren erstreckte sich
über alle, selbst die Zehn nicht ausgenommen. Sogar für den Fall,
daß einer von ihnen sich verdächtig machte, war unter den Zehn
ein Stellvertreter ernannt, um mit den beiden anderen ihn zu rich-
ten. Man kannte das Dasein dieses schrecklichen Gerichts, aber
nicht die Mitglieder desselben; der Rath der Zehn traf die Wahl,
aber wen sie getroffen, blieb ein Geheimniß. Eine unsichtbare
Macht breitete ihren furchtbaren, nie fehlenden Arm über alle aus.
In allen gesellschaftlichen Kreisen lauschten nngekannte Aufpasser der
Inquisition, und jedermann vermied ängstlich ein Wort über Staats-
angelegenheiten fallen zu lassen. Am Palast des Dogen und an
mehreren Orten waren eherne Löwenrachen angebracht, um namen-
lose Angaben aufzunehmen. Verschwand jemand, so zweifelte man
nicht, daß er in den schrecklichen Kerkern der Inquisition lebendig
begraben sei, und wagte keine Nachforschung. Seit der Einsetzung
des Gerichts der Zehn sank die Macht des Dogen, die schon vor-
her durch den großen und kleinen Rath manche Beschränkung er-
fahren hatte. Die Inquisition war besonders gegen die ehrgeizi-
gen Absichten des Abels gerichtet; das Volk ließ man gewähren,
wenn es sich nur jeder Einmischung in die Staatsangelegenheiten
enthielt.
Aus den großen und schweren Kämpfen um die Befreiung des
heiligen Grabes hatten besonders Venedig und Genua die größten
Vortheile gezogen. Aus der Durchkreuzung dieser Vortheile ent-
sprang aber gegenseitige Eifersucht und erbitterter Kampf beider
Städte. Beide Staaten boten aus Handelseifersucht alle Kräfte auf
und suchten sich durch die blutigsten Kriege wechselseitig zu Grunde
zu richten. Von diesen Kriegen zeichnet sich besonders der bei
Chioggia (1378 —1381) aus, in welchem beide Republiken sich
gegenseitig dem Untergange nahe brachten. Im 14ten und löten
Jahrhundert suchte sich Venedig auf dem italienischen Festlande zu
vergrößern und erlangte mit Hülfe geschickter Söldnerführer die
Herrschaft über Verona, Padua, Brescia und viele andere Städte
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie]]